Wir haben uns mit Alexander Melnichenko zum Interview in seiner Heimatstadt Odessa, Ukraine getroffen.
Alexander ist ein Personal Trainer für Fitness und TRX Spezialist welcher in seinem Beruf mehr sieht als seinen Kunden Trainingsübungen zu zeigen.
Name: Александр Мельниченко (Alexander Melnichenko) (AM)
Stadt: Odessa, Ukraine
Sport: Powerlifting, Fitness seit 2001, TRX Spezialist seit 2013
Education: MS Physical Education
Profession: Personal Trainer Fitness, TRX Coach
Career: Regionalmeister im Powerlifting
Motto: Ich schätze jeden Tag, jede Stunde und mache jedes Training so, als ob es das Letzte sein könnte
Interviewer: Daria Smetanko (DS)
Was motiviert Dich zum Training?
Ich kann mir mein Leben ohne Fitnesstraining überhaupt nicht vorstellen! Es gibt mir sehr viel Energie und macht unheimlich viel Freude. Meine persönliche Motivation ist es nie aufzuhören Grenzen auszuloten und mich selber ständig weiter zu entwickeln.
Wie bist Du Trainer geworden?
Wie viele andere Kids habe ich mit 14 mit Liegestütz in unserem Hinterhof angefangen. Seit dort habe ich gewusst, dass Trainer mein Beruf sein wird. Mit 18 Jahren habe ich in einem lokalen Sport Club mit Powerlifting angefangen. Schon bald habe ich dort auch als Trainer gearbeitet und das dann für neun Jahre weiter gemacht. Das Gym hiess ‚Dragonfly‘ und ich habe dort sehr viel gelernt, z.B. über Trainigsmethoden, Rehabilitations Training aber auch über Psychologie.
Später habe ich zu anderen Orten gewechselt. Ich arbeite heute jeden Tag von sieben Uhr in der Früh bis neun Uhr Abends im Gym und bin glücklich, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Manchmal fragen mich Freunde, wann ich überhaupt zum Ausruhen komme. Meine Antwort ist, dass ich von der Arbeit als Trainer wirklich gar nicht müde werde.
Was sind Deine wichtigsten Fitness Disziplinen und worauf hast Du Dich spezialisiert?
Ich sehe mich selber als universellen Fitness Trainer. Heute unterrichte ich TRX, Cross-Fit, Rehabilitation und Gym-Fitness. Ich mache auch TRX workshops und publiziere meine eigenen Trainings Videos auf YouTube. Ich glaube, dass die Zukunft des Fitness Trainings nicht nur im Gym liegt. Die Leute suchen verschiedene Aktivitäten von Rehabilitation nach ihren Rückenproblemen bis zum funktionalen Training, TRX, Cross-Fit und andere Möglichkeiten. Einige wollen ein seriöses Ziel erreichen und andere suchen im Gym eher Spass und Emotionen. Meine Stärke liegt vermutlich darin, dass ich ganz leicht den Zugang zu allen diesen Gruppen finde und ihre Ziele verstehe.
Gibt es etwas worauf Du als Personal Trainer besonders stolz bist?
Ich berate meine Kunden wie sie ihr Leben verändern können, z.B. indem sie am Wochenende mit ihren Kindern zwei Stunden laufen gehen. Es gibt hier einen grossen Bewegungsmangel: Auto, Büro, Lift – Viele Leute sind in ihrem Alltag einfach nicht aktiv genug. Idealerweise sollten wir etwa zehntausend Schritte pro Tag machen. Im Durchschnitt macht man aber nur etwa zweitausend. Ich zeige den Menschen, wie sie ihren Körper und ihren Geist weiterentwickeln können. Es genügt nicht, wenn wir uns nur um unseren Körper kümmern. Wenn das Gehirn richtig arbeitet, dann wird auch der ganze Körper richtig arbeiten. Viele Leute regen sich wegen Kleinigkeiten auf und essen dann Süsses oder rauchen Zigaretten u.s.w. Ich rede mit den Leuten, wie sie ihr Denken ändern können. Und viele haben tatsächlich die Prioritäten in ihrem Leben geändert. Als sie einen neuen Job angeboten bekamen, haben sie diesen abgelehnt, weil sie gesehen haben, wie die Leute dort Trinken und Rauchen. Es ist für mich als Coach ein Kompliment, dass ich nicht nur ihren Körper verändert habe, sondern auch das Denken und die Lebenseinstellung einer Person.
Hast Du spezielle Trainingsmethoden für Deine Ziele?
Ich habe ein Talent dafür zu spüren was die Leute brauchen, was sie motiviert, was sie erreichen wollen und auch in welcher Laune sie an einem Trainingstag gerade sind. Wenn ich spüre, dass ein Kunde sich über etwas aufgeregt hat, dann gebe ich ihm ein leichteres Training. Ich glaube dass ich das dank meiner Begabung kann und weil ich meine Arbeit wirklich liebe. Ich versuche jeden Kunden in jedem Training mit der gleichen Qualität zu betreuen. Da spielt es keine Rolle, ob es das erste oder das letzte Training an einem langen Tag ist. Für mich kam diese hohe Motivation nachdem ich mit einem meiner jungen Kunden gearbeitet habe. Er war ein hochmotivierter 17-jähriger Athlet. Dann hat ein Auto ihn auf dem Fahrrad angefahren. Zusammen mit seiner Familie und Freunden helfen wir ihm jetzt sich soweit wie möglich zurück ins Leben zu kämpfen. Ich mache das mit Trainingstherapie und indem ich einfach Zeit mit ihm verbringe. Wir sind dabei wirklich gute Freunde geworden.
Diese Erfahrung hat die Sicht auf mein eigenes Leben total verändert. Ich schätze jetzt jeden Tag, jede Stunde und führe jedes Training so durch, wie wenn es das Letzte sein könnte.
Ich habe Deine Videos zur Geschichte von Misha Rashchenko gesehen und ich denke, es ist grossartig, wie Du den Jungen in dieser schwierigen Zeit nicht allein gelassen hast und wie er bei einem Deiner Besuche Dein Lachen erwidert oder einen Laut wiederholt. Spürst Du zu allen Deinen Kunden eine so starke Verbindung?
Die persönliche Beziehung ist für meinen Beruf sehr wichtig. Manchmal funktioniert es und manchmal nicht. Ich versuche immer die wirkliche Motivation meiner Kunden zu verstehen, sogar dann, wenn sie mir diese nicht mitteilen. Und dann versuche ich ihnen gute Ratschläge zu geben, falls sie diese hören wollen. Es ist ein gegenseitiger Prozess.
Das tönt jetzt schon fast ein bisschen philosophisch.
Ja. Ein Trainer macht eben viel mehr als nur einige Trainingsübungen vorzuzeigen. Diese Arbeit ist nicht so trivial wie manche Leute sich das vorstellen.
Arbeitest Du auch mit professionellen Athleten?
Ich habe mit Fussballspielern gearbeitet. Arbeite jetzt noch mit Tennisspielern und MMA Kämpfern (Mixed Martial Arts). Ich trainiere sie um für die spezifischen Anforderungen ihrer Disziplin physisch bereit zu sein. Beim Fussballspieler stärken wir die Beine stärken um seine Geschwindigkeit zu entwickeln. Mit den Tennisspielern stärken wir die Schultern und mit den Kämpfern die Schlagkraft. Meine Vielseitigkeit erlaubt mir so unterschiedliche Leute zu trainieren. Ich möchte aber keine professionellen Bodybuilder vorbereiten, weil ich gegen Doping bin. Ich glaube, dass es unfair ist.
Wieviele Kunden hast Du?
Ich trainiere im Moment mit 35 Leuten. Sie kommen im Schnitt dreimal pro Woche ins Training. Dazu habe ich auch noch Kunden, welche ich online betreue. Im Moment sind das 40 Leute. Sie haben mich durch meinen YouTube Kanal gefunden. So kann ich mein Wissen mit einer grösseren Gruppe teilen als nur im Gym. Ich überlege mir genau, was ich in den Videos anbiete. Sie sollen einmalig sein und den Leuten ein cleveres Workout vorschlagen.
Weshalb hast Du angefangen TRX Workshops durchzuführen?
Ich liebe es, mein Wissen und meine Erfahrung weiterzugeben. Das bringt mich auch selber weiter. Im Gym arbeite ich mit meinen Kunden meistens 1:1. Vor dreissig Leuten zu unterrichten ist eine andere Herausforderung. Die meisten Teilnehmer sind selber Trainer. Im Moment sind meine Themen Rehabilitations Training und TRX. Ich möchte bald auch noch einen Workshop für das Training im Gym und für funktionales Training hinzufügen.
Seit wann hast Du einen eigenen YouTube Channel?
Wir haben im Oktober 2016 damit angefangen. Inzwischen haben wir etwa 40 Videos gepostet. Ich möchte keine Videos wie ‚Schau hier jogge ich‘, ‚Schau hier esse ich‘, ‚Und schau jetzt bin ich auf der Strasse‘ machen. Der letzte Video war zum Thema ‚Geheimtipps zum Gesässmuskel‘. Im nächsten Video geht es um Rehabilitations Training.
Wie arbeitest Du mit Kunden online? Was denkst Du über die Fit Drills App?
Die Idee, dass man Trainigspläne auf dem Mobile Phone haben kann gefällt mir sehr gut. Einige Leute fragen mich per SMS nach einem TRX Trainigsprogramm. Sie haben keine Gelegenheit um ins Gym zu kommen oder wollen lieber zu Hause trainieren. Manchmal senden sie mir ein Photo und eine kurze Frage. Ich werde sie zuerst immer auf meine Videos hinweisen, wo ich viele Übungen erkläre. Später senden sie mir ein Video wo ich sehe, wie sie die Übungen machen. Ich schaue es mir an und sende ihnen Korrekturen. So können sie mit meiner online Hilfe sicher allein trainieren. Die App kan hier hilfreich sein, aber wie gesagt, denke ich, dass sie zuerst die vollständige Information von meinen Videos brauchen. Und sie brauchen meine Korrekturen um wirklich effektiv und sicher zu trainieren. Das ist leider mit der Fit Drills App so noch nicht möglich.
Empfiehlst Du Deinen Kunden generell online Tools für ihr Training zu verwenden?
Ich empfehle ihnen natürlich immer meinen YouTube Channel. Er ist in Russisch. Ich denke der Inhalt meiner Videos ist in der Ukraine einmalig.
Was ist Dein Ratschlag für Leute welche denken, dass sie gar keinen Trainer brauchen?
Training ohne Coach mit dem notwendigen Know-How kann gefährlich sein. Man kann sich dabei leicht verletzen. Und in den meisten Fällen ist es auch ineffizient. Männer überschätzen sich manchmal beim Gewicht. Oder beim TRX trainieren viele Anfänger mit einer neutralen Position der Wirbelsäule, was auch gefährlich ist. Bei der Effizienz kann es darum gehen, die Trägheit zu überwinden. Du wirst allein nie so intensiv trainieren wie mit einem Coach welcher Dich motiviert. Auch ich trainiere mit einem starken Partner welcher mich motiviert, damit ich nicht aufgebe und damit ich mich bei jeder Wiederholung voll einsetze.
Was ist die beste Zeit für ein Workout und wie lange sollte dieses sein?
Es kommt auf den Charakter jedes Einzelnen an. Einige Leute sind Nachteulen und andere Frühaufsteher. Um Muskeln aufzubauen ist die beste Zeit von 14:00 bis 17:00. Eine Studie hat gezeigt, dass der Körper in dieser Zeit die höchste Konzentration der benötigten Hormone hat um Muskeln aufzubauen und Fett zu verbrennen.
Ein durchschnittliches Workout sollte etwa 50-60 Minuten dauern. Zwei Stunden sind aus meiner Sicht sicher zu viel. Wenn das Training richtig organisiert ist, werden die Gefässe und das Hormonsystem tüchtig belastet. Diese Systeme sind so ausgelegt, dass sie für etwa 60 Minuten effektiv mit solchen Belastungen umgehen können. Danach kannst Du immer noch etwas Ausdauertraining machen, z.B. Laufen oder Joggen.
Hoch-Intensive TRX Workouts dauern 45 Minuten plus 15 Minuten Stretching. Während dem Stretching geht der Puls runter. Ich lasse meine Kunden nie nach Hause gehen, bevor ihr Puls sein Ausgangsniveau wieder erreicht hat.
Was ist der Unterschied zwischen dem Training für Männer und Frauen?
Alle meine weiblichen Kunden wollen einen knackigen Hintern, flachen Bauch und einen schönen Trizeps. Mit 90% von ihnen arbeite ich dafür am TRX. Damit straffen wir die Muskeln ohne diese aufzubauen und verbrennen auch schön Fett. Wenn ein Mädchen Musekelaufbau braucht, dann arbeite ich mit ihnen an den Gewichten. Jene die vor allem Gewicht abbauen wollen, arbeiten am TRX mit Elementen von Cross-Fit und Krafttraining für den Rücken. Viele von den übergewichtigen Kunden haben bereits Rückenprobleme. Der Bauch kann das Schwergewicht so stark verschieben, dass eine konstante Überlastung der Wirbelsäule entsteht und Schmerzen verursacht.
Was wollen die Männer?
Die Mehrheit der Männer wollen ein Sixpack und starke Arme. Sie wollen Muskeln aufbauen. Im Herbst bauen wir sie auf und im Frühling und Sommer konzentrieren wir uns auf Fettverbrennung um die Muskeln zu zeigen. Viele Männer mögen auch TRX und Cross-Fit. Besonders jene, welche einfach in einer guten Form bleiben wollen.
Die Muskeln wachsen während den Ruhephasen. Während dem Training beschädigen wir sie eigentlich. Schlussendlich bauen meine Kunden Muskeln also auf wenn sie sich ausruhen und gut Essen. Es nützt Dir nichts, wenn Du Deinen Sportwagen tunst und dann billigen Fusel auftankst. Es hängt wirklich alles von der richtigen Ernährung ab. Da gibt es keine magischen Tricks. Ich kann auch nicht wie Harry Potter einen Zauberstab schwingen um meinen Kunden einen schönen Körper zu geben. Wenn sie sich falsch ernähren, Alkohol trinken und Rauchen, dann wird ihr Körper einem ständigen Stress ausgesetzt. Es werden Hormone freigesetzt, welche die aufgebauten Muskelfasern wieder zerstören.
Machst Du auch Ernährungspläne für Deine Kunden?
Klar. Abhängig vom Ziel berechne ich wie viel Protein, Fett, Kohlenhydrate und Vitamine sie zu sich nehmen sollten.
Dann empfehle ich ihnen einen detailierten Menüplan – was und wieviel für jeden Tag sie essen sollten, um das beste Ergebnis zu erzielen.
Ich erfasse kein Gewicht oder andere Körpermasse meiner Kunden. Nach meiner Erfahrung ist es besser, sich nicht nur auf eine Zahl zu fokussieren, welche von vielen anderen Faktoren abhängt. Wenn jemand am Abend ein salziges Gericht isst, kann es gut sein, dass man das am nächsten Morgen auf der Waage sieht. Das erzeugt aus meiner Sicht nur unnötige Enttäuschung.
Kannsts Du uns einige allgemeine Ratschläge für eine optimale Sporternährung geben?
Das Hauptproblem liegt aus meiner Sicht für viele in zu grossen Portionen und zu langen Abständen zwischen den Mahlzeiten. Es wäre besser kleinere Portionen zu essen und dafür öfter. Die Ausgewogenheit der Ernährung ist sehr wichtig. Im Allgemeinen sollten die Leute lernen sich zu kontrollieren. Es gibt heute überall zu viele Versuchungen. Ich sage meinen Kunden, dass ich ihr Verhalten im Training für eine Stunde kontrollieren kann. Sie müssen dann das Gleiche für die restlichen 23 Stunden machen. Das fängt damit an jeden Tag zwei Liter Wasser zu trinken und dafür Fruchtsäfte, Tee und Wasser zu minimieren.
Was sind die grössten Veränderungen in der Fitnessbranche in den letzten Jahren?
In den letzten fünf Jahren gab es einen Trend weg vom Training auf Maschinen im Gym zu mehr funktionalem Training wie TRX, Cross Fit und klassischem Gewichtheben. Die Leute wollen überall trainieren – zu Hause, in der Natur oder auf einer Geschäftsreise. Ich habe mich früh mit Cross-Fit und TRX beschäftigt und bin ein zertifizierter TRX Trainer. TRX ist seit vier Jahren meine Leidenschaft.
Last Updated: 14. October 2017 Andreas Schneider
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